Der Tod unseres Tierarztes Dr. Hans-Georg Stihl in der letzten Woche ist mir sehr nahe gegangen. Seitdem habe ich häufig an ihn denken müssen. Besondere Erinnerungen, die bewusst machen, welche große Bedeutung er für mich und viele andere Reiter über Jahrzehnte gehabt hat. Ohne ihn wären Satchmo und ich zum Beispiel 2006 nicht Weltmeister geworden. Damals hatte sich Satchi am Hinterbein eine dumme Sehnenverletzung zugezogen. Das Bein sah längst wieder super aus, ich wollte endlich mit Satchi wieder loslegen, schließlich drückte die Zeit wegen der Qualifikation für die WM, aber Hans Stihl hat mich immer wieder beharrlich vor zu früher Belastung gewarnt und von Turnierstarts abgehalten und mir in seinem ruhigen Schweizer Tonfall klar gemacht, dass ich auf keinen Fall zu früh wieder anfangen durfte. Er hatte recht, wie so oft, und als ich dann Satchi endlich wieder reiten durfte, war er topfit.
Auch während der langen Krankheitsgeschichte von Bella war er eine große Stütze. Er sagte: Es gibt keinen Grund, daran zu zweifeln, dass sie wieder zurückkommt. Wir brauchen einfach Zeit. Wieder hatte er recht. Ich habe nie erlebt, dass er ein Pferd in den Sport geschickt hat, wenn er nicht hundertprozentig davon überzeugt war, dass es richtig und verantwortbar ist.
Ich möchte ihm mit diesen Zeilen danken für die Zeit, die er mich als außergewöhnlicher Tierarzt, Diagnostiker und Pferdemann begleitet hat. Dass er auch mit über 80 Jahren noch in ausgewählte Ställe fuhr, weiter auch unsere Pferde betreut hat, zeigt, wie groß seine Passion für seinen Beruf und die Pferde war. Ums Geld ging es ihm dabei sicher nicht.
Besonders an ihm war auch: Er hat dir so eine große Sicherheit gegeben. Wenn er diagnostiziert hat und gesagt hat, das ist nicht so schlimm, dann fiel dir gleich ein Felsbrocken vom Herzen. Und du konntest dich absolut darauf verlassen. Umgekehrt leider auch, aber er hat nie ein Pferd aufgegeben. Er hat viel bei seinen Kunden vorausgesetzt, nie viel gesprochen, nicht alles genau erklärt, sondern er hat sehr auf Vertrauen gesetzt.
Hans Stihl war ein ruhiger, umsichtiger und sehr empfindsamer, sicherlich nicht immer einfacher Mensch. Seine Sicherheit in der Diagnostik beruhte auf einem einzigartigen Feingefühl für Bewegungsabläufe, gepaart mit einer immensen Erfahrung. Ich glaube nicht, dass es einen Tierarzt gibt, der in seinem Leben mehr Pferde gesehen hat als Dr. Stihl. Und zwar vom Vollblüter bis Dressur- und Springpferd. Er war ja selber ein großer Fan von Rennpferden.
Natürlich sind auch ihm in seinem langen “Pferdeleben” Fehler unterlaufen, die nicht spurlos an ihm und auch nicht an mir vorübergegangen sind. Aber die ganzen guten Resultate und Erfahrungen, nicht nur zu aktiven Sportzeiten, sondern auch meine ganzen fitten, glücklichen Renter wie Satchmo (27), Whisper (22), Ernie (20), Stern (20) oder Jonny (20) sprechen ihre eigene Sprache und überwiegen soviel mehr.
Darum an dieser Stelle noch einmal mein Dank an einen Menschen, der seinesgleichen sucht. Der sich sein Leben lang immer für das Pferd entschieden hat. Er wird mir fehlen.